Winter 2013-2014

Route
USA Südwesten – Baja California (Mexiko) – Colorado (USA)

25.09.2013  Placerville, Colorado
Wir sind in Denver angekommen, das Auto steht unversehrt am Haus von Jayson unter einer Plane – alles Bestens. Am nächsten Tag wird gleich eingekauft (sie leihen uns gleich ihren VW Golf GTI dafür) und gegrillt – wir sind angekommen! Nun schauen wir uns erst einmal Denver an und besuchen das Kunstmuseum mit einer Textil-Sonderausstellung und das „Museum für Transportation“.

Auf dem Weg nach Grand Junction kommen wir durch eine beeindruckende Schlucht, den Glennwood Canyon, der bekannt ist für seinen „hängenden See“ (hanging lake) in den Bergen. Es entpuppt sich als eine heftige Wanderung, eher ein Klettern über 2 Stunden auf 3000 m.

Als wir erschöpft nach der Wanderung unser Auto  starten wollen, springt springt es nur mit Mühe an. Entweder haben wir Luft in der Leitung oder ein massives Dieselproblem. Wir steuern  direkt die „Safari“ – Werkstatt in Grand Junction an. Am nächsten Morgen nach Einstellung der Ventile von Hugh, dem Chef persönlich, sagt der Motor keinen Pieper mehr. Es beginnt eine mehrtägige Suche und unsere Vermutung bestätigt sich: es ist ein Dieselproblem, aber wo? Alle Leitungen, Filter und Vorfilter werden demontiert und mit Pressluft durchgeblasen und siehe da – er läuft wieder. Irgendwo muss in der Rücklaufleitung eine Blockade gewesen sein. Der Toyo läuft besser als je zuvor.

Es beginnt eine Woche von Unwettern, die die uns bekannte Gegend in Seen und reißende Flüsse verwandelt. So fahren wir in das „Colorado National Monument“ nördlich von Grand Junction und sehen viele glänzende Wasserfälle in der ansonsten wüstenähnlichen Gegend. In einigen Regionen werden „Flashfloods“ gemeldet – reißende Wassermassen, die sich in die Canyons ergießen. So ist Canyonlands N.P. teilweise gesperrt, und der kleine Skiort Boulder wird schwer verwüstet.

Daher fällt auch das „Blues & Brews Festival“ in Telluride, das wir eigentlich besuchen wollen, buchstäblich ins Wasser. Der Platz verwandelt sich in ein Schlammbad. Daa die ortsansässige Brauerei kostenlos Starkbier ausschenkt, kann man sich das Ergebnis vorstellen: alle Personen mit leichten Gleichgewichtsstörungen landen unweigerlich gleich im Schlamm und werden unter großem Gelächter wieder auf die Beine gestellt. Die Berge um Telluride sind am nächsten morgen weiss – es hat tatsächlich geschneit! Toll, eine Heizung zu haben.

Wir besuchen wieder unsere Freunde Alex und Jacque in Placerville und müssen ihnen die traurige Mitteilung machen, dass wir unser Auto nun doch nicht verkaufen wollen (wir wollten uns eigentlich vergrössern). So entsteht nach eingehender Beratung der Situation ein neues Projekt: wir planen einen Ausbau seines vorhandenen HZJ 75 identisch dem unsrigen. Unsere Erfahrungen der letzten Jahre werden eingebracht und es wird gemessen und gezeichnet. Das Projekt wächst. Hier kommt Jacques Ausbildung als Grafikdesignerin voll zur Geltung. Ihre Zeichnungen gleichen einem CAD Programm.

Abends kochen wir zusammen leckere Menüs und das Projekt immer wieder durchdiskutiert. Die Planungsarbeit ist doch sehr umfangreich, da es viele Details zu beachten gibt. Mit viel Zureden gelingt es uns, die renommierten Zulieferer unseres Autos zu überreden, die Teile in die USA zu schicken, damit wir vor Ort den Ein- bzw. Umbau vornehmen können. Das war nicht so einfach, da es auch patentrechtliche Probleme zu lösen gibt. Die Lieferanten werden wir mit deren Zustimmung später nennen. Alle Insider, die unser Auto kennen, wissen eh, um wen es sich handelt.

So werden wir im nächsten Frühjahr wieder nach Colorado reisen, um Alex in seiner Top ausgerüsteten Werkstatt beim Umbau zu helfen – immerhin muss das Dach seines Toyos dafür abgetrennt werden! Für uns ist es mal wieder eine Herausforderung gewesen, ein schönes Projekt zu organisieren.

Bevor wir diese Gegend endgültig verlassen, wollen wir uns den „Black Canyon of the Gunnison“ und den „Great Sand Dunes“ N.P.

ansehen. Wie ihr den Fotos entnehmen könnt, läuft uns so einiges an Getier über den Weg. Wir fahren über den „Medano Pass“, der über 3300 m führt und als 4×4 Strecke ausgewiesen ist – wunderschön!  In diesen großen Höhen liegt bereits der erste Schnee  wie Puderzucker auf den bunten Laubbäumen – so präsentieren sich Colorado und die „Rocky Mountains“ von ihrer schönsten Seite. Nur unser doch ausgeprägter Hang zur Wärme wird auf eine harte Probe gestellt, da es nach Sonnenuntergang empfindlich kalt wird. Wir messen nachts bis zu minus 7 Grad, so dass wir doch einige Meter an Holz am abendlichen Lagerfeuer verheizen.

Die größte Goldmine Colorados mit ihren Bergen von Abraum liegt auf unserer Strecke mit den Orten Victor und Cripple Creek, die echtes Wildwestfeeling vermitteln. Die Pferde wurden allerdings durch Autos ersetzt.

 

Hans als ehemaliger Motorsportler muss unbedingt auf den bekannten „Pikes Peak“, der bei Colorado Springs liegt. Es ist eine 19 Meilen steile Serpentinenstrecke, die auf ca. 4700 m. (14.115′) Höhe führt. Einmal im Jahr findet dort das bekannte Pikes Peak Bergrennen statt, das einige Jahre von Walter Röhrl auf einem speziellen Audi Quattro dominiert wurde. Wer bei der Fahrt hinauf in die Abgründe guckt, kann sich vorstellen, wieviel Mut und Fahrzeugbeherrschung es bedarf,  in Bestzeit den Peak zu erreichen. Wir lassen es jedenfalls langsam angehen und genießen die imposante Aussicht.

Unseren Plan, über den Cinnemon Pass nach Silverton zu fahren, müssen wir aufgeben – es liegt ein halber Meter Schnee oben auf der Kuppe, und mehrere Pässe sind vorrübergehend gesperrt. So umfahren wir die Bergkette auf dem Highway 149 und erleben den „Indian Summer“, gelb- und orangefarbene Herbstblätter der Birken mit schneebedeckten Bergen vor strahlend blauem Himmel. Die Naturfotografen sind jetzt auf der Pirsch!

Wir beschließen, mit Alex und Jacque noch einmal nach Moab in die sommerliche Wärme zu fahren, um natürlich mit 2 UTV’s zum zweiten Mal die legendären Pisten „Hell’s Revenge“  unsicher zu machen. Es ist ein riesen Gaudi und schöne unvergessliche Tage in unserem Toyo-Camp! Dann heißt es „Verabschiedung“ von den Beiden bis zum nächsten Frühjahr!

29.10.2013  Mojave Desert
Wir begeben uns auf den Highway 50 – „the loniest Highway in USA“ – und durchqueren auf 1200 Meilen Colorado, Utah, Nevada und Californien. Schier unendliche Weiten und Gebirgsketten begleiten uns. Vor dem geistigen Auge tauchen unwillkürlich die Planwagenkolonnen der ersten Siedler auf, die diese Strecken unter harten Bedingungen durchquert haben. Wir brauchen 3 Tage bis zum Lake Tahoe und dem dort gelegenen Rubicon Trail. Das Befahren des berühmten Trails verkneifen wir uns mit Rücksicht auf Toyos „technische Gesundheit“. Es gelingt uns leider nicht, einen entsprechenden Jeep oder UTV zu mieten, da hier bereits die Saison zu Ende ist.

Im Übrigen können wir ab sofort keine N.P. mehr aufsuchen inklusive der staatlichen Campingplätze (also fast alle), da alle Staatsbediensteten nach Hause geschickt wurden. Es werden im Moment keine Gehälter gezahlt, da die „Teaparty“ den staatlichen Haushalt blockiert. Weitere Kommentare nur mündlich aus besagten Gründen …hahah. Die Merkel hat wohl wirklich geglaubt, dass sie die einzige Deutsche ist, die nicht abgehört wird!!

Also fahren wir weiter ins Napa Valley, dem kalifornischen Weingebiet, und müssen leider den geschlossenen Yosemite Park ausklammern. Weinproben, nobelste Weingüter in spanischem und italienischem Stil – alles teuer und exquisit. Wir gehen hervorragend italienisch Essen und kosten Weine auf dem Weingut „Andretti“. Der Name ist bekannt, da er ein ehemaliger bekannter amerikanischer Rennfahrer mit italienischen Wurzeln ist.

Auf Nebenstraßen durch die Weinberge fahren wir zügig die letzten Meilen an die Pazifikküste, wo wir uns schon auf die leckeren Austern freuen. In Marshall kehren wir bei „Hog Island Oysters“ ein, die eine eigene Austernfarm besitzen (Geheimtip). Auf einem Tablett bekommt man die gewünschte Anzahl Austern mit dem dazugehörigen Werkzeug (Messer und Handschuh) und es heißt nun, Geschick zu bewahren. Wir sitzen draussen am Fjord in der Sonne mit einem Glas Weißwein und „erarbeiten“ uns das Mittagessen. Viele Einheimische aus dem nahegelegenen San Francisco tun es uns gleich und geniessen!

 

Wir sind schon gespannt auf San Francisco – und natürlich die „Golden Gate Bridge“. Das Wetter ist klar (am Pazifik nicht so gewöhnlich), so dass wir von Norden kommend einen wunderschönen Blick auf die fast 3 km lange Brücke haben. Auf der Suche nach einem Übernachtungsplatz landen wir an einem kleinen Hafen, wo wir die Nacht verbringen dürfen. Uns wird abends erst klar, was für einen Panoramablick wir von schräg unten auf die Brücke haben. In Nebelschwaden gehüllt und schön beleuchtet werden Fotos über Fotos gemacht.

Nächsten Tag schauen wir uns die interessante und schöne Stadt an: Eine Fahrt mit den bekannten „Cable Cars“ und „China Town“ gehören natürlich auch dazu. Leider ist keine Yacht des kurz vorher ausgetragenen America’s Cup mehr zu sehen. Schade, denn die hätten uns echt interessiert. Von der doch sehr touristischen Großstadt, dem Verkehrslärm rund um die Uhr und den feuchtkalten Nebelschwaden des Pazifiks flüchten wir gen Süden.

 

Auf dem legendären Highway No. 1, auch „Big Sur“ genannt, sind die Ausblicke auf die schroffe Pazifikküste beeindruckend. Bekannt geworden ist er durch die Aussteiger- und Beatnik Generation in den 50er Jahren, die hier lebten – zivilisationsmüde auf der Suche nach Bewusstseinserweiterung. Auch heute noch liegen auf dem Weg esoterische Clubs, vegetarische Restaurants und das berühmte Esalen Institut (New Age). Dieses hat heutzutage unglaublich viel Zulauf aus der gestressten Computerbranche und den nahegelegenen Eliteuniversitäten Berkeley und Stanford. Die rund 100 Meilen lange Strecke wurde 1938 durch Präsident Roosevelt eröffnet. Eines der bekanntesten Bauwerke ist die kunstvoll geschwungene „Bixby Creek Bridge“.

Auf einem Zwischenstopp gucken wir uns den durch die Sardinenfischerei bekannt gewordenen Ort Monterrey an – für einige Zeit die Heimat von John Steinbeck („Die Straße der Ölsardinen“). Die Sardinen sind mittlerweile weggefischt, so dass der Ort nur noch vom Tourismus lebt. Unser nächstes Ziel ist Lompoc in der Nähe von Santa Barbara.

Wir folgen der Einladung von Steve und Cheryl, die wir im Frühjahr auf der Baja kennengelernt haben. Steve kommt aus einer alteingesessenen Farmerfamilie und ist leidenschaftlicher Autofan. Die Garage ist voll mit schönen Gefährten – der neueste Zugang ist ein frisch restaurierter Pickup mit 480 PS. Der Sound lässt die „Wände wackeln“. Wir verbringen ein paar schöne Tage mit den Beiden. Es ist wahrer Luxus, mal wieder in einem feudalen Haus zu wohnen mit großem Bad und beheiztem Pool! Außerdem sind noch zwei Freunde aus der gemeinsamen Militärzeit („Marines“) zu Besuch, mit denen es sehr interessante Gespräche gibt. Vor allem erfahren wir etwas über den Vietnam Krieg von Zeitzeugen!

Wir folgen der berühmten kalifornischen Küstenstraße mit den riesigen Surfstränden nach Malibu und Los Angeles. Nach einer Fahrt über den gesamten Sunset Boulevard im Schritttempo, der Verkehr ist einfach unglaublich, geht’s auf den „Walk of Fame“. Man sieht die Namen aller bekannten Hollywoodgrößen auf in den Bürgersteig eingelassenen Bronzesternen. Das war’s dann auch schon mit dem Glamour – der „Strip“ ist zu einer Bar, Tattoo- und Rauschgifthändler-Szene verkommen.

Nach 1,5 stündigem Spaziergang reicht es uns und Dank der guten Navigationskenntnisse führt uns Bente direkt aus der Grossstadt in die nahegelegenen Berge auf einen idyllischen Übernachtungsplatz. Am nächsten Tag begeben wir uns auf die 14-spurigen Autobahn Richtung San Diego. Es gibt kein Entkommen – der Verkehr, der Lärm und Smog verfolgt uns weiter bis San Diego. Der Glamour von L.A. und Hollywood erscheint  uns ein Relikt aus der Vergangenheit  mit angeschlossenem Verkehrsinfarkt!

Auf der Reise nach San Diego verfolgt uns der Verkehrslärm – selbst unser Campground direkt an der Beach hat auf der Rückseite die besagte Autobahn und die Hauptzuglinie von San Diego nach L.A.. Nichtsdestotrotz sind die Campingplätze, für uns unverständlich, fast immer ausgebucht. Wenn wir schon einmal auf so einen Platz müssen, findet das morgendliche Ritual statt: heiß duschen, Toilette leeren und die Wassertanks auffüllen und weg.

Unser Entschluss steht fest: weg von der Küste, auf in die Berge  ins Landesinnere. Wir besuchen noch unseren Freund Rick in Oceanside – er ist Biergroßhändler für die „Microbreweries“. Das hat zur Folge, dass es abends eine ordentliche Bierverkostung gibt. Wir können auf seinem Grundstück übernachten, bekommen noch viele gute Tipps von ihm und hoffen, uns auf der Baja wiederzutreffen. Er plant ebenfalls auf Langzeitreise zu gehen und präpariert dafür ein amerikanisches ehemaliges 4×4 Ambulanzfahrzeug. Für das leckere Bier am Abend revanchieren wir uns mit vielen guten Tipps aus unserer Reise- und Ausbauerfahrung.

Auf dem Weg in die Berge besuchen wir die Firma „AOE 4×4“ (American Overland Expedition). Ein weiterer Alex aus Venezuela (auch ihn kennen wir von der Expo) betreibt in Laguna Hills eine erfolgreiche Firma für den Umbau von Offroadfahrzeugen aller Art. Es macht alles einen sehr professionellen Eindruck, und unsere bei ihm bestellte Verlängerung für’s Sonnensegel trifft pünktlich ein. Alex versorgt uns mit Supertipps für unsere weitere Reise, da er ein wirklicher Kenner der umliegenden Offroadgebiete ist.

So fahren wirauf seine Empfehlung zum „Big Bear Lake“. Endlich wieder Freiheit und Natur pur. Wir erkunden diverse schöne Trails und campen, wo es uns gefällt. Dabei gesellt sich am Abend David zu uns,, der uns gleich für das kommende Wochenende auf ein in der Nähe stattfindendes Treffen der „American Adventurist“ einlädt.

Zweimal im Jahr wird von begeisterten kalifornischen Overländern so ein Treffen veranstaltet. Es kommen ca. 100 Fahrzeuge jeden Typs und Ausstattung zusammen, haben Spaß am Lagerfeuer, tauschen Erfahrungen aus und knüpfen Kontakte. Wir lernen viele nette Leute kennen und begutachten gegenseitig die Fahrzeuge. Es ist immer wieder toll, wie offen und begeisterungsfähig die Leute hier sind! Der Höhepunkt ist der Kochwettbewerb mit dem „Dutch Oven“ – ein hier in USA sehr bekannter gusseiserner Topf, in dem  alles über offenem Feuer zubereitet wird. Es ist unter amerikanischen Offroadern mittlerweile ein richtiger Kult!. Die Gerichte sind super lecker und ca. 200 Personen werden satt! David zaubert sogar ein „French Bread“ daraus hervor- gefolgt von einer Tombola mit tollen Preisen haben alle viel Spass und ein gelungenes Wochenende!

Wir sind mittlerweile auf dem Weg zum Mojave Desert, wo wir am legendären „Bullfrog Trail“ übernachten. Leider wird das schöne warme Wetter durch eine angesagte Kaltfront verdrängt, die uns nachts einen heftigen Sandsturm mit Windgeschwindigkeiten bis zu 50 kn beschert. Wir bangen ein bisschen um unser hochgeklapptes Dach und versetzen das Auto nachts dreimal in die sich laufend ändernde Windrichtung.

Am nächsten Morgen fahren wir ein wenig unausgeschlafen nach Barstow („Route 66“), unserem letzter Stopp, bevor es in die Mojave Wüste geht. Wir genießen ausnahmsweise mal einen luxuriösen KOA Campingplatz mit beheizten Duschen, Toiletten und sogar einem richtig schnellen Internet.

Die Chance, endlich diesen Bericht fertigzuschreiben (als Ausländer ohne amerikanische Adresse und Kreditkarte bekommen wir keinen eigenen Internetzugang – kaum zu glauben, aber Realität!), nehmen wir wahr und bleiben gleich zwei Tage!

In zwei Wochen wollen wir auf die Baja, um beim legendären „Baja 1000“ Rennen (ein Mittelding zwischen Rallye und Offroadrennen) als freiwillige Helfer die Boxencrews zu unterstützen. Schaun wir mal, wo sie uns einsetzen. Wen es interessiert: Über die Baja 1000 gibt es einen fantastischen Film, den man sich im Internet herunterladen kann – Titel: „Dust in Glory“.

29.11.2013  Loreto, Baja California
Bis zur Baja bzw. der mexikanischen Grenze haben wir noch einige 100 Meilen vor uns, die wir natürlich möglichst auf Nebenwegen oder im Gelände verbringen wollen. Da bietet sich die Mojave Wüste an. Mit der Empfehlung von Freund Rick, auf der alten ursprünglichen Silberminenroute den Desert zu durchqueren, beginnt ein mehrtägiges Abenteuer. Der Einstieg im Westen ist schwierig zu finden, da es sich lediglich um ein trockenes Flussbett handelt.

Zu unserem großen Erstaunen kommt uns die Pacific Railway entgegen, deren Schienenstrang ein paar Kilometer oberhalb des Flussbettes verläuft. Der Zug ist ca. 2 km lang und als der Lokführer merkt, dass wir ihn fotografieren, lässt er das Signalhorn mal ordentlich durch den Canyon schallen.

Vier Tage bewegen wir uns von West nach Ost durch tiefe weiche Dünenfelder, überqueren einen Salzsee, rumpeln durch ausgewaschene Flussbetten immer haarscharf an stacheligen Kakteen vorbei oder aber an den beeindruckenden Joshua Trees (eine vielarmige Yuccapalme, die bis zu 400 Jahre alt wird und jedes Jahr ca. 2,5 cm wächst). Wir übernachten mitten in der Prärie, die Coyoten heulen – es hat etwas von Wilde West Kulisse. Mittendrin gibt es den „Outpost“, einen Briefkasten, in dem Reisende sich mit Stickern verewigen, Proviant für die Nachfolger deponieren oder sich in das abgefletterte Gästebuch eintragen.

Der Joshua Tree N.P. liegt auf unserer Route und entpuppt sich zum Teil als einer der härtesten Strecken, die wir je gefahren sind. Die „Gold Crown Road“ beginnt erst ganz moderat mit tiefen Sandfurchen, bis sie später als „Old Dale Road“ über einen Gebirgszug führt. Wir haben gerade einen Fahrerwechsel vorgenommen – Bente sitzt am Lenkrad und schon geht’s los: Über große Steine und Felsstufen muss sie den Toyo heil im Schritttempo hinüberbringen. Hans läuft als „Spotter“ voraus und weist ein. Später lesen wir, dass dieser Abschnitt nur für sehr erfahrene 4×4 Fahrer empfohlen wird. Das ist sie (Bente) nun – mit einigen Schweißtropfen auf der Stirn! Trotz der schönen Landschaft mit riesigen runden Steinen (Boulder) halten wir uns hier nicht so ganz lange auf, da die Temperatur nachts bei null Grad liegt – an Grillen und draußen sitzen ist nicht zu denken.

Auf dem Weg nach San Diego durchfahren wir Palm Springs: ein Winterdomizil für die Superreichen. Es gibt in der Stadt 100 Golfplätze mitten in der Wüste mit einer Blumenpracht, die nur so in einem tropischen Klima mit entsprechender Bewässerung gedeihen kann. Über den Wasserverbrauch (trotz vieler Naturquellen) denkt man lieber nicht weiter nach. Die riesigen Windkraftparks produzieren wohl genug Energie für diesen Luxus. Für uns ist es oft in solchen Gegenden ein Problem, einen Übernachtungsplatz zu finden, da alles von Sicherheitsfirmen kontrolliert wird. Die „wertvollen“ Menschen müssen schließlich entsprechend beschützt werden. Wir fahren bis spät in den Abend hinein, um doch letztendlich ein gutes Plätzchen zu finden.

Vor Grenzübertritt nach Mexico sind noch die letzten Vorbereitungen zu treffen. Die Liste ist lang, denn Vieles gibt es dort nicht: bei Ikea neue Bettwäsche kaufen, in den Bootsläden neue Einsätze für unseren Wasserfilter besorgen …nicht zu vergessen die hervorragenden amerikanischen Steaks und das köstliche Bier aus den „Microbreweries“!

Auf einem Walmart-Parkplatz haben wir das Glück, eine nette Künstlerfamilie kennenzulernen – sie umkreisen seit einiger Zeit bereits unser Auto. Von Jason werden wir spontan eingeladen, vor ihrer Haustür zu übernachten. Wir hatten uns schon mit einer Übernachtung auf dem Walmarkt-Parkplatz abgefunden, da der städtische Campingplatz an der Beach ohne Fazilitäten tatsächlich 60 USD von uns haben wollte! Zum ersten Mal in USA sind wir unhöflich geworden und verließen den Platz mit den Worten „This is californian Rip Off!“

Die Familie wohnt am Rande von San Diego in Imperial Beach, das bekannt ist für die guten Surfstrände. Die beiden kleinen Jungs Julius & Lucius sind begeistert vom „Offroadleben“, und der 4-jährige Lucius wünscht sich so ein Auto zum nächsten Geburtstag! Bei den Eltern Jason & Angela werden wir herzlich aufgenommen, fühlen uns gleich wie zuhause und das abendliche stimmungsvolle Grillen macht richtig Spaß. Wir sind immer wieder beeindruckt von der Spontaneität der Amerikaner Fremden gegenüber! Natürlich ist der Aufhänger meistens unser etwas abenteuerlich aussehender Toyota! Nach Kalifornien mit seinen 34 Mio. Einwohnern und 56 Mio. Autos sind wir doch nun etwas zivilisationsmüde und freuen uns auf die Natur der Baja.

An einem Sonntag überqueren wir die Grenze bei Tijuana – es herrscht kaum Verkehr, und wir werden freundlich in Mexiko empfangen. Da wir eine 10-jährige Zollgenehmigung (Banjercito) für unser Auto (als Womo) haben, entfällt jegliche Zollformalität für das Fahrzeug. Zu unserem Erstaunen interessiert sich keiner der amerikanischen Offiziellen, wer wann und wo aus ihrem Land ausreist – schon eigenartig, da die lange Grenze stark bewacht wird und der Grenzzaun an die ehemalige DDR erinnert.

Auf dem Weg nach Ensenada müssen wir uns erst einmal wieder an die im Vergleich zu den USA Drittwelt-Umstände gewöhnen. Die Menschen wohnen hier teilweise in Bretterbuden, umringt von ihrem Zivilisationsmüll, aber es stört sie nicht. Uns nach 3 Tagen auch nicht mehr – wir haben uns wieder eingelebt. Die Stimmung ist trotz dieser Umstände fast immer freundlich und ausgelassen – es wird getrunken und gegessen nach der Devise „lebe heute und nicht morgen“.

Wir treffen rechtzeitig beim vereinbarten RV-Park in Ensenada ein. Dort werden wir in zwei Tagen die Leute von MAG 7 kennenlernen, die u.a. für den Pitservice bei der „Baja 1000“ verantwortlich sind. Wir schauen uns in Ruhe die Stadt an und enden natürlich, wo sonst, auf dem Fischmarkt. Die vielen Meeresfrüchte aus dem Pazifik werden vor Ort von den Fischersfrauen hervorragend zubereitet.

Seit mehreren Tagen haben wir ein „Findelkind“ – er heißt Clemens, kommt aus Frankfurt und ist mit seinem Fahrrad in 4 Monaten 5500 km von Kanada nach Süden geradelt. Es entwickeln sich interessante Gespräche  mit dem jungen,gerade graduierten Informatikstudenten, der sich – Originaltext: „mal aus der Komfortzone entfernen musste“. Ab sofort geben wir ihn als unseren Sohn aus, so dass er auf den Campingplätzen fast umsonst sein Zelt aufschlagen kann. Er findet Gefallen an der Idee, mal etwas Motorsportluft zu schnuppern und hat das große Glück, mit Bill und seinem Team von MAG 7 auf den gleichen Pit zu „arbeiten“. Um allen motorsportlichen Laien kurz näherzubringen, was das bedeutet: „Pit“ ist eine Servicestation irgendwo im Gelände, die Fahrer mit Benzin und technischem Service aller Art versorgt. Dazu zählt auch eine Wurst vom Grill, das Putzen der Brille und des Scheinwerfers etc. Immerhin sind die Fahrer bis zu 2 Tage und Nächte unterwegs. Nachdem die Einteilung erfolgt ist, begeben wir uns alle in unterschiedlichen Richtungen zu unseren Pits.

Sie liegen teilweise bis zu 400 Meilen auseinander. Unsere Position auf Pit 9 im tiefsten Gelände der Baja finden wir mit Hilfe unserer russischen Militärkarten nachts ohne Probleme. Unser Pitcaptain ist Steve mit seinen beiden volljährigen Kindern. Nachdem alle Vorbereitungen getroffen sind (Aufbau der technischen Fazilitäten) heißt es am Startort Ensenada: „Gentleman start your engines please!“ Wir haben vorher noch einige Stunden Zeit, um in Ensenada die Präsentation aller Teilnehmer anzuschauen. Es gibt natürlich verschiedene Klassen: vom hochgerüsteten Trophy Truck (Monsterbuggies mit 750 PS) bis zur Beetle-Klasse und den Motorrädern. Die haben es am Härtesten: In der sogenannten Ironman-Klasse muss ein Fahrer die kompletten fast 900 Meilen härtestes Gelände alleine durchfahren. Nun beginnt unsere eigentliche Arbeit, die sich über 36 Stunden hinzieht. Nachts ist es verdammt kalt (Wüstenklima), aber da wir nicht in der Formel 1 sind, dürfen wir nachts ein wärmendes Feuerchen machen. Am Schluss sind wir alle redlich erschöpft und treffen uns zum Ausklang des Wochenendes an der Beach von Alfonsinas.

Dort stellen wir beim routinemäßigen Check unseres Fahrwerks fest, dass die Aluminiumhalterung unseres Wassertanks massiv eingerissen ist. Wie durch ein Wunder finden wir einen amerikanischen Pensionisten, der in der Lage ist, Aluminium zu schweißen. Nach 3 Tagen an der Beach ist die Reparatur erfolgreich abgeschlossen (Vielen Dank an alle Beteiligten!), Clemens‘ Gepäck und Fahrrad werden aufgeladen, so dass wir einen Teil der roughen Rallye-Wegstrecke in Angriff nehmen können. Sie wird als landschaftlich sehr eindrucksvoll beschrieben – was sie auch wirklich ist. Wir bekommen Einblick in die Strapazen der Fahrer und Fahrzeuge und versinken an einer wunderschönen Stelle bis zur Bodenplatte im Schlamm (wir erfahren später, dass diese Stelle „Frog Canyon“ genannt wird). Unter Einsatz der Winde sind wir nach 1,5 Stunden wieder frei, verschlammt und ein bisschen übelriechend.

Unser „Sohn“ Clemens wurde von Bill während des Pitservices in die Grundlagen des Enduro-Motorradfahrens eingeweiht und hat sofort Feuer gefangen. Er beschließt nach mehrtägiger Beratung und Überlegung, auf ein Motorrad umzusteigen. In USA & Kanada ist das Reisen mit dem Fahrrad durch die breiten Straßen und guten Versorgungsmöglichkeiten kein Problem. In den südlichen Breiten dagegen wird es eher gefährlich (schmale Hauptstraßen, andere Fahrsitten). Wir aktivieren alle unsere Beziehungen in USA und surfen aktiv im Internet, bis wir ein geeignetes Modell für ihn finden. Für Clemens heißt es jetzt: Abschied nehmen und fast 1300 km mit dem Überlandbus zurück nach San Diego fahren. Wir lassen derweilen in Loreto unsere Wassertankhalterung gründlich verstärken und stellen uns relaxt mal einige Tage an die Beach, um diese Zeilen in Ruhe schreiben zu können.

Last News aus San Diego: Moped ist gekauft, umgemeldet und wird von Bill schweiß-technisch für die Aufnahme von Gepäck aufgerüstet. OT Clemens: „Ihr seht mich schneller, als Euch lieb ist“.

15.01.2014  Los Frailes, Baja
Wir „hangeln“ uns die Ostküste der Baja hinunter und finden wunderschöne einsame weiße, aber oft sehr windige Strände und nur in Loreto ist das Verproviantieren möglich . Das Klima ist sehr unterschiedlich: einige Tage sind bis zu 30 Grad warm, nachts geht die Temperatur oft auf unter 10 Grad zurück, so dass das Schwimmen sehr erfrischend ist.

Unsere Lieblingsbeach wird Juncalito, da durch die Regenfälle im Sommer der Weg recht holperig geworden ist und daher nur von einigen wenigen Autos angefahren wird. Wir stehen oft alleine mit einem 73-jährigen australischen Weltenbummler – er ist mit einem alten Kombi seit vielen Jahren mit minimalem Budget unterwegs und ruht in sich selbst. Alberto, so nennt er sich, freut sich immer über ein kaltes Bier bzw. Obst oder Gemüse – als Vegetarier – (denn einen Kühlschrank besitzt er nicht), und wir verbringen viele gemeinsame Nachmittage am Lagerfeuer. Die Beach wurde kürzlich von den Einheimischen aufgeräumt, so dass alle 50 m. riesige Berge von Treibholz bereitliegen, genug „Material“ für uns. Jeden morgen werden die Brötchen auf der Asche getoastet, und mir gelingt sogar ein knuspriges Brot!

In diesen 2 Wochen in Juncalito lernen wir einige nette deutsche bzw. Schweizer Reisende kennen, mit denen wir Weihnachten in Loreto verbringen und im besten Hotel der Stadt zusammen essen gehen. Am 2. Weihnachtstag bestellen wir bei unserem Fischmann Luis (der „Toyota blanca“ ist mittlerweile ein sehr guter Kunde von ihm!) 4 kg Lobster, die Hans für uns alle an der Juncalito Beach grillt – eine lange bunte Tafel wird am Strand aufgebaut mit den köstlichsten Salaten und Speisen. Die Fahrzeuge sind unser Windschutz – zum Glück sind ein paar große MAN’s und Unimogs dabei.

Da die Truppe sehr harmonisch zusammenpasst, verabreden wir uns, in La Paz zusammen Silvester zu feiern. In der Zwischenzeit erkunden wir die Pazifikküste mit ihren endlosen Sandpisten, die zum Teil als Baja-Rallyestrecke markiert sind. An einem dieser Strände lernen wir Valerie & Craig kennen, die auf der Baja leben. Wir verbringen einige schöne Grillabende miteinander, und Craig zeigt uns, wie man die speziellen braunen Muscheln (Almeja Chocolate) im „Watt“ sammelt. Mit Hacke und Eimer bewaffnet wandern wir bei ablaufendem Wasser hinaus und haben bald einen halben Eimer voll gesammelt. Gegrillt und mit Käse überbacken sind sie eine Delikatesse. Man muss die Muscheln ruhen lassen, dann blitzschnell zugreifen und sie ebenso blitzschnell mit einem Messer öffnen – ehe sie die herannahende Gefahr wittern – ansonsten ist der Muskel so stark, dass man sie erst einmal wieder ruhen lassen muss.

Von La Paz aus erkunden wir die Pazifikküste, die aus riesigen weißen Sandstränden und Dünen besteht. Wir übernachten auf einer Shrimps Farm und beobachten unsere ersten Buckelwale, die vor der Küste springen. Gigantisch!

In Todos Santos, einem Künstlerort, der hauptsächlich von Amerikanern („Snowbirds“) bewohnt wird, besuchen wir unsere Freunde Cheryl & Steve, die wir bereits in Lompoc getroffen haben. Wir haben viel Spaß zusammen, sie laden uns zum Walewatching ein – ein wirkliches Erlebnis. Mit dem Panga (einheimisches offenes Fischerboot), was von einem anderen Boot durch die Brandung ins Meer gezogen wir (mit uns an Bord), kommen wir dicht an die Buckelwale heran. Einer taucht so nahe am Boot auf, dass wir durch sein Blasen erschreckt werden. 4 Stunden dauert der Trip, auf dem Hans nebenbei eine ca. 8 kg Dorade (PiriPiri) herausholt. Sie kämpft um ihr Leben – schade um diesen bunten schönen Fisch. Trotzdem schmeckt er uns hervorragend am Abend als Sashima und gegrillt und später noch als Salat!

Nach 4 Tagen wollen wir eine Offroadstrecke Richtung Ostküste fahren, die sich als sehr anspruchsvoll herausstellt. Durch die schweren Regenfälle im Sommer ist der Weg mit tiefen Furchen durchzogen und zum Teil sehr schmal. Es macht richtig Spaß, und unser Toyo zeigt, was er kann. Wir übernachten zwischen Kakteen und Akazien unter einer Überlandstromleitung – nur die Coyoten hört man in der Ferne heulen.

Unser Ziel ist der kleine Ort Los Frailes, wo wir Valerie und Craig besuchen wollen. Die kleine Wohnanlage mit eigenem Pool und Blick aufs Meer ist eine Oase, in der wir wunderschön unter Hibiskus und Palmen mit dem Auto stehen. Mit eigenem Badezimmer ist es für uns der Luxus pur. Leider müssen wir morgen weiter, da unser schon etwas angeschlagener Reifen den Geist aufgegeben hat (tiefe Risse). Im nächsten Dorf müssen wir mal sehen, ob er noch reparabel ist oder ob wir doch nach La Paz zurückmüssen, um uns einen neuen zu besorgen. Der Frogs Canyon hat sein Tribut gefordert – nicht nur der rechte Hinterradreifen ist schwer beschädigt, auch unseren Sensor für die Tiremoni haben wir dabei eingebüßt!

Wahrscheinlich werden wir noch einmal zur Bahia Magdalena fahren, um uns die jetzt zahlreichen Grauwale mit ihren Jungen anzusehen, bevor wir auf’s Festland übersetzen. Schaun wir mal. Jetzt warten wir erst einmal auf Clemens, der mit seinem neuen Moped „im Anflug“ ist.

Mit neuen Reifen (die alten haben alle bei der Offroadfahrerei doch strukturelle Schäden erlitten!) und Clemens im Schlepptau geht’s auf die nächsten schönen Pisten entlang der Küste. Wir fahren eine Strecke, die wir bereits vom letzten Frühjahr kennen – die durch den letzten Hurrikan stark gelitten hat. Sie wird gleich zu Anfang eine echte Herausforderung für unseren Enduro Anfänger. Clemens schlägt sich wacker und fragt dann mal vorsichtig: „Wie oft versucht Ihr noch, mich umzubringen?“

So vergehen die bereits 2,5 Monate auf der Baja wie im Fluge mit vielen Naturerlebnissen und sehr interessanten netten Reisenden. Der nächste Bericht wird wahrscheinlich in Kürze erscheinen – dann nur über die Grauwale!

01.03.2014  Bahia Concepción, Baja
Bevor wir von den Grauwalen berichten, steht noch ein anderes Event auf unserem Programm. Seit 3 Jahren wird in Todos Santos ein Musikfestival an zwei aufeinanderfolgenden Wochenenden abgehalten. Der Initiator ist der dort lebende Peter Buck, ehemaliger Gitarrist und Texter von R.E.M. Wir beschließen, dass letzte der beiden Wochenenden zu besuchen.

Der erste Abend findet im Garten des traditionellen „Hotel California“ statt, für den wir die letzten 2 VIP Karten erstehen. Geladen sind eine ganze Reihe bekannter Musiker bzw. E-Gitarristen aus ehemaligen Rockbands der ’80er Jahre aus L.A. (z.B. Gun’s and Roses…). Peter Buck ist mit seiner Band „The Minus 5“ vertreten. Auch sind drei fantastische Gruppen aus Mexico City eingeladen: Torreblanca, Twintones & Sonido Gallo Negro. Sie machen sehr interessante Musik, eine Mischung aus Rock und traditioneller mexikanischer Musik. Zu dem spielen alle Gitarristen wahlweise bei jeder Band mal mit – man merkt, dass es den Jungs richtig Spaß macht! Der Abend wird lang und exzessiv. Es wird bis nachts um 1 Uhr gefeiert. Die letzte Stunde spielt „Daddy O’Grande“ bei wechselnden Bands mit, ein Amerikaner, der unter diesem Namen in Mexiko schon sehr lange bekannt ist und immer mit einer blauen weißen Maske auftritt.

Der zweite Abend findet auf der kleinen Plaza in Todos Santos statt. Bei schöner Abendstimmung auf der Plaza unter Palmen beginnt die Musik, und es wird getanzt und getrunken. Der Eintritt ist frei, so dass eine Menge Familien mitfeiern. Die Einnahmen des Musikfestivals kommt der Palapa Society zugute, die sich um Kinder aus schwierigen Verhältnissen kümmert (Ausbildung, Schulstipendien …). Nach diesem anstrengenden Wochenende brauchen wir erst einmal Erholung an einem der schönen einsamen Pazifikstrände.

Auf unserem Weg entlang der Küste passieren wir das Fischercamp „Flor de Malva“, wo man „unglücklicherweise“ zu viele Langusten gefangen habt und uns gerne für wenig Geld ein paar verkauft. Irgendwann ist die Sandpiste für ein Auto nicht mehr passierbar, so dass wir in einem trockenen Flussbett für einige Tage unser Lager aufschlagen. Feuerholz gibt es in Hülle und Fülle, da in der Regenzeit große Mengen an Bäumen aus den Bergen mitgerissen werden.

Wir haben in Todos Santos erfahren, dass am folgenden Wochenende die Rallye „Pueblos Magico 300“ stattfindet, und zwar Start in Los Barriles, Ziel in Todos Santos. Einen Teil der Rallyestrecke kennen wir bereits von unseren Touren, so dass wir uns einen schönen Platz zum Campen an der Strecke aussuchen. Bei der Gelegenheit lernen wir Patrick kennen, einen Amerikaner, der in Los Barriles Rennautos baut (Ministorage Highway 1). Er hat in seiner Werkstatt doch tatsächlich einen richtigen Plasmacutter stehen, so dass unser lang geplantes Vorhaben, das vordere Differenzial mit einem Unterfahrschutz zu versehen, in die Tat umgesetzt wird (nachdem wir die Ablassschraube des Differentials vor einiger Zeit an einem dicken Stein demoliert haben). Hans macht aus Karton eine Schablone und Patrick baut das Ding perfekt aus Stahl (sogar der Schriftzug „Landcruiser“ wird mit dem Plasmacutter ausgeschnitten!). Patricks Mutter betreibt das „Roadrunner Café“, wo wir endlich mal gescheites selbstgebackenes Sauerteig- und Vollkornbrot bekommen.

Auf dem Weg nach Puerto San Carlos legen wir einen Zwischenstopp in unserer Lieblingsbucht Puerto Cancúm ein, um kleinere Servicearbeiten am Auto zu erledigen und natürlich, um noch einmal die Almejas Chocolatas zu sammeln. Da wir aber nicht nur Muscheln und Langusten essen können, haben wir zur Abwechslung einen kleinen Weißkohl gekauft, um mal eine richtige deutsche Kohlsuppe zu kochen. Alle Töpfe sind im Einsatz – der Kohl scheint sich selbstständig zu vermehren! Speiseplan wie folgt: 1.Tag – frische Kohlsuppe mit Gehacktem, 2.Tag – Kohlgemüse, 3.Tag (immer noch) – Krautsalat! In Zukunft wird nur noch ein viertel Kohl gekauft.

 

Zwei Tage später treffen wir in Puerto San Carlos ein, einer der besten Walbeobachtungsorte an der Bahia Magdalena. Eine Bootstour wird organisiert. Wir treffen dort den Motorradfahrer Wolf (noch eine rheinische Frohnatur!) und das österreichische Pärchen Micha & Alex, die noch im Jetlag stecken. Zusammen geht’s am nächsten Morgen früh auf einem Fischerpanga (ca. 8 m.) mit 115 PS hinaus in die Bucht, die ca. 100 Meilen lang ist und aus vielen kleinen Inseln besteht. (Durchschnittspreis für 3-4 Std. pro Boot beträgt 2500 Mex. Pesos – wir haben 4 Std. für 2100 herausgehandelt).

Die Grauwale lieben diese Lagune, da sie warm, fischreich und geschützt ist. Hier gebären sie ihre Jungen und bereiten sie ca. 2 Monate auf die bevorstehende lange „Seereise“ gen Norden vor. Unser Kapitän ist ein sehr umsichtiger junger Mann, so dass wir uns sehr vorsichtig den ersten Walen nähern. Was jetzt passiert, kann man schwer beschreiben, man muss es live gesehen haben. Die Tiere scheinen die Begegnung mit den Booten sehr zu mögen und zu kennen, denn sie beginnen, vorsichtig unter den Booten drunter herzutauchen, direkt daneben senkrecht den Kopf herauszustrecken und mit ihren kleinen Augen in die Runde zu blinzeln. Wir haben es mit 3 Tieren zu tun, die mehrere Stunden mit mittlerweile 4 Booten spielen. Die Fluke des größten Wales hat ungefähr die Ausmaße unseres Bootes.

Wenn diese zur Fortbewegung im Wasser benutzt wird, gibt es große Strudel und Blubbern an unserem Rumpf. Das Spiel dauert ungefähr 2 Stunden, und wir konnten sie sogar berühren. Kess spielt auch ein kleiner Seehund mit, der schnaubend auf sich aufmerksam macht. Irgendwann haben sie genug und ziehen gemächlich von dannen. Insgesamt haben wir zwischen 20 und 30 Wale gesehen, wobei es mehrere Hundert auf die ganze Lagune verteilt sein sollen. Nachmittags haben wir noch reichlich Gesprächsstoff für den Rest des Tages, bevor es am nächsten Tag für jeden von uns in verschiedene Richtungen weitergeht.

Uns reizt es seit längerem, die unbewohnte vorgelagerte Isla Magdalena zu besuchen. Die Insel besteht vorwiegend aus Dünen und Bergen, und wir haben gehört, dass es eine kleine Fähre von Puerto Adolfo Lopez Mateos gibt. Die zu finden gestaltet sich nicht so ganz einfach. Schließlich landen wir beim Hafenmeister Martín, sehr freundlich und hilfsbereit, der uns zu einer Sicherheitsbehörde fährt, um die Befahrensgenehmigung für die Insel zu bekommen.

Sie genehmigen uns 3 Tage, und nun geht es in freudiger Erwartung zum Fährkapitän Alberto. Mit ihm zusammen besichtigen wir seine Fähre, ein kleiner Ponton mit einem 10 PS Außenborder. Auf unsere Frage, ob das Ding denn unser Auto trägt, guckt er etwas verunsichert und meint: „Wir haben auch schon mal einen Pickup rübergefahren.“ Unser Toyo wiegt beladen ca. 3500 kg, und nach einigen Testsprüngen von Hans auf der Fähre nehmen wir schweren Herzens Abstand von diesem Projekt. An alle Reisenden, die das hier lesen: Mit einem normalen Allradauto wären wir rübergefahren. So bleibt uns die Isla Magdalena verschlossen.

Täglich merken wir, dass das Frühjahr näher rückt – die Abende werden länger und wärmer, wir können langsam Baden und Schnorcheln und unser neues Rhino Rack Sonnensegel wird jetzt täglich ausgerollt! Durchschnittstemperatur tagsüber: zwischen 26 und 31 Grad C, nachts halb so warm. Wir überqueren die Baja vom Pazifik zur Sea of Cortéz in Höhe von Mulegé durch die Berge.

Wieder einmal erkunden wir eine wunderschöne 4×4 Strecke und finden zwei kleine Süßwasser Seen, wo wir mehrere Tage verbringen und ausgiebigst baden. Solche Gelegenheiten verlängern unsere Unabhängigkeit enorm, da wir sozusagen einen Süßwassertank vor der Tür haben. Auf der gesamten Strecke über mehrere Tage und 110 km Länge begegnen uns 2 Autos.

Aus einem springt ein kanadischen Zeugen Jehovas Missionar heraus und will uns sofort bekehren (Versuch missglückt!) – obwohl er uns verspricht, dass wir dann den unmittelbar bevorstehenden Weltuntergang überleben werden. Zum Abschied sagt er dann noch lachend: „You will survive anyways, you are looking smart.“(Gottseidank). Das zweite Auto ist ein kleiner Suzuki Jeep mit 2 Amerikanern auf Sonntagsausflug, der ein massives Problem hat: Ein Kühlerschlauch ist auf voller Länge geplatzt. Nun könne wir doch endlich mal unser seit langem mitgeführtes Gorillatape ausprobieren. Nach sorgfältiger Reinigung des Schlauches wird dieser mit dem besagten Tape umwickelt und zur Sicherheit kommt noch eine Runde Duck Tape drüber und siehe da, pottendicht! Die beiden kommen ohne Probleme zurück nach Mulegé.

Übrigens gibt es in Mulegé einen netten neuen kleinen Campingplatz auf dem Weg zum Leuchtfeuer mit schöner tropischer Vegetation und daher vielen Kolibris. Der Besitzer Manuél ist ein sehr freundlicher und hilfsbereiter Mexikaner, dem nicht das Dollarzeichen in den Augen steht.

Nun stehen wir seit einigen Tagen (ach wie furchtbar!) schon wieder an einem einsamen Strand auf der Halbinsel „Sierra los Gavilanes“ an der Bahia Concepción.

Bente hilft dem täglich erscheinenden Fischer Chino, seine gefangenen Scallops zu putzen und schon ist unser Abendessen wieder gesichert. Hans geht derweilen auf Brennholzsuche – findet u.a. eine schöne angespülte Planke, an der eine giftgrüne Schnur hängt. Beim schwungvollen Wurf auf unsere Feuerstelle ein stechender Schmerz am linken Fußknöchel und ein dazugehöriges Blutbad – an der grünen Schnur hängt leider ein dicker Angelhaken, der jetzt in einer Arterie am Knöchel steckt! Der Angelhaken mit Widerhaken wird beherzt entfernt, Schwester Bente eilt herbei mit einer kalten Dose Bier (nein, nicht zum Trinken), und mit Bordmitteln wird die Blutung schnell gestillt. Es ist erstaunlich, wieviel Blut aus so einem kleinen Loch kommt, wenn man nur die richtige Stelle trifft! Erst dann wird die Antischockbehandlung durchgeführt mit einem Schluck Tequila und einem Bier. Hier haben wir danach auch die Muße, diesen Bericht zu schreiben und vor allem Fotos zu sortieren! …und jetzt geht’s erst einmal mit Taucherbrille und Schnorchel ins Wasser, aber ohne Angelhaken!!

 

09.04.2014  Placerville, Colorado
So langsam kommt der Zeitpunkt, dass wir uns gen Norden bewegen sollten, d.h. Abschied von der Baja California nehmen. Wir haben unserem Freund Alex in Colorado versprochen, ihm beim Einbau der von uns gemeinsam bestellten Ausrüstungsteile für seinen Toyota HZJ 75 zu helfen. Aber noch liegen 1000 km schöne Pisten bis zur amerikanischen Grenze vor uns.

U.a. besuchen wir eine große Seelöwen-Kolonie am Punta Santo Domingo. Von dem hohen Kliff hören wir das Grunzen der massigen Männchen schon kilometerweit. In jedem Naturpool bewacht ein Macho seinen Harem und die Jungtiere, die in der Brandung miteinander toben. Von hier aus geht es über „Sildstrecken“ (puderartiger Sand) nach San Ignacio, einer hübschen kleinen Kolonialstadt mit beindruckenden riesigen Benjaminis an der Plaza.

Nach einem Tag Reinigung des Autos von innen und außen wollen wir noch einmal den Einsiedler Pancho besuchen, der nur über eine heftige Offroadstrecke zu erreichen ist, die allerdings durch fantastische Kakteengebiete führt. Da das Frühjahr naht, blühen die ersten bereits. Pancho freut sich über ein Wiedersehen und schenkt uns gleich dicke Fischfilets für den abendlichen Grill. Gottseidank können wir uns mit ein paar eiskalten Dosen Bier revanchieren.

 

Wir stehen schon seit längerem mit unserem Freund Rick aus San Diego in Verbindung, der nach dem Verkauf seiner Firma uns nacheifert und mit seinem selbst ausgebauten Krankenwagen auf dem Weg nach Südamerika ist. Wie durch Zauberhand kommt er uns mit Blaulicht (er hat uns von weitem bereits erkannt!) auf einer einsamen Piste entgegen, so dass wir spontan am Wegesrand ein Camp aufbauen und uns viel zu erzählen haben.

Auf dem Weg zur Grenze fahren wir uns an einer Beach noch einmal zünftig fest, so dass ein 1,5-stündiger Einsatz aller 4 Sandbleche mit viel Schaufelei angesagt ist. Der Grenzübergang in die USA bei Mexicali ist dagegen wie beim ersten Mal vor einem Jahr um so einfacher. Alle Offiziellen sind ausgesprochen höflich und freundlich. Die Zivilisation hat uns wieder. Wir stürmen mit großen Augen und leerem Kühlschrank den ersten Supermarkt. Auf einem piekfeinen RV-Park mit angeschlossenem Golfplatz, Swimmingpool und tollen heißen Duschen schwelgen wir im Luxus.

Unsere nächste Etappe ist das „Death Valley“ N.P.. Als Empfang geraten wir in einen deftigen Sandsturm. Teile der Hauptstraßen werden gesperrt, und es stehen schon „Schneeflüge“ für alle Fälle bereit. Am nächsten Tag ist der Ausblick in das „Death Valley“ um so beeindruckender. Wir verbringen einige Tage dort, besichtigen die Hauptattraktionen wie den Ubehebe Crater,

den Titus Canyon, und den tiefsten Punkt Amerikas: das Badwater Basin. Wir finden schöne Übernachtungsplätze jenseits der Touristenrouten und bewandern den einen oder anderen Canyon.

An den Highlights herrscht viel Betrieb, da die Amerikaner gerade „Springbreak“ haben. Wieder gibt es über Nacht einen heftigen Sturm, dass sogar einige Zelte fliegen gehen – es fallen einige Tropfen Regen, aber noch weit entfernt von den 20 Millimeter Jahresniederschlag. Wir durch Zauberhand ist der Spuk am Morgen vorbei und wir genießen eindrucksvolle Blicke vom Zabriskie Point und Dantes View.

Im Zion N.P. müssen wir uns dann von unseren Shorts endgültig verabschieden – nachts fängt es leicht an zu schneien. Dafür ist es tagsüber klar und sonnig, ideal zum Wandern. Das Outfit wird stündlich gewechselt. Auch hier sind die Campingplätze voll – „first come, first serve“ (wer zuerst kommt, malt zuerst!). Trotz des für uns großen Andrangs (nach 5 Monaten relativer Einsamkeit auf der Baja) ist alles supergut organisiert. Es hat sich gelohnt: Der Zion N.P. ist einer der schönsten in den USA.

 

In drei Fahrtagen über Las Vegas, Lake Mead und Moab erreichen wir die schneebedeckten Rocky Mountains. Die Skisaison wird gerade heute beendet, die Lifte stehen still und überall ist „After Season“ Party angesagt. Freund Alex begrüßt uns mit Freudensprüngen – er war sich wohl nicht ganz sicher, ob wir wirklich die 4000 km zurückfahren würden.

Nach einem Tag Erholung geht es dann los: Die bisher aus Deutschland eingetroffenen „Schätze“ für den Toyota werden begutachtet, ein Arbeitsplan erstellt und los geht’s in seiner beheizten großen Halle. Die Inneneinrichtung muss angepasst werden, Kabel verlegt werden… Ruckzuck sind 10 Tage vorbei. Wir fühlen uns wie zuhause: es wird zusammen gekocht und viel gelacht. Zum Spaßfaktor tragen auch die Neuzugänge seiner Zwergesel bei. Pamuk (auf türkisch: Baumwolle – von uns letztes Jahr so getauft), die weiße Eselmutter, hat einen Sohn bekommen. Er heißt Tarki und ist ein äußerst lustiges Kerlchen.

Leider ist das Klappdach noch nicht eingetroffen und wir müssen an dieser Stelle mit dem Ausbau aufhören. Nun buchen wir unseren Rückflug. Gemeinsam mit Alex besuchen wir unsere Freunde Hugh & Kelly in Grand Junction, wo unser Toyo gewartet und bis September geparkt wird. Wir verbringen ein paar schöne Tage zusammen (es ist einfach toll, wenn man sich an einigen Plätzen dieser Welt gleich wie zuhause fühlt!). Dann geht’s nach Denver, vier Stunden über schneebedeckte Pässe. Alex „spielt“ für uns den Taxifahrer. Zusammen in Denver besuchen wir noch kurz Jason, unseren Unimog-Spezialisten, bei dem unser Auto letztes Jahr stand. Mit der LH fliegen wir  direkt nach Deutschland und wir freuen uns jetzt schon auf den Herbst, um gemeinsam mit Alex das Projekt abzuschließen. Das Auto soll im Oktober auf der Overland Expo im Osten der USA ausgestellt werden.