Winter 2011-2012

Route:
Uruguay – Argentinien –  Jesuitenreduktionen & Chaco in Paraguay – Bolivien – Amazonasgebiet (Brasilien) – Peru – Ecuador – Kolumbien – Autoverschiffung von Cartagena nach Veracruz  (Mexico) – Flug nach Panama – Cancun

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10.11.2011
Wir sind wieder in Buenos Aires gelandet und fühlen uns bereits heimisch hier. Die Insider Tips für beste „Sternerestaurants“, die wir im Gepäck haben, probieren wir dann aber doch nicht aus, da uns der Grossstadttrubel ganz schön auf den Geist geht und wir nur kurz eine neue Versicherung für das Auto abschliessen! Dann geht es mit der Fähre nach Colonia, wo unser Auto sechs  Monate geparkt war. Wir finden es in einem super Zustand vor, die Batterien haben noch 12,5 V. Nachdem wir es von Plane & Holzböcken befreit haben, geht es zum Supermarkt und weiter zu einem Campingplatz am Strand, wo wir all unsere aus Deutschland mitgebrachten „Schätze“ installieren wollen. Das Wetter spielt mit und nach 3 Tagen haben wir es geschafft. Alles passt, wie wir es uns vorgestellt haben. Selbst die 6 Dosen Erasco Linsensuppe für den Notfall kriegen wir unter.

Jetzt gilt es, erst einmal ein bisschen Strecke nach Norden zu machen und schon am nächsten Tag überqueren wir die Grenze nach Argentinien. Wir wollen uns den P.N. Iberá ansehen und finden eine schöne Tiefsandpiste vor über 150 km, die wir auch zügig angehen. Nach 3 Std. erreichen wir das Dorf „Carlos Pelligrini“, welches in einem Vogelparadies an einer grossen Lagune liegt. Nicht nur Vögel gibt es hier, sondern auch Monsterkröten, die sich nachts auf Mückenjagd begeben – sie haben locker 20 cm Durchmesser und an so einem Schenkel wäre sicherlich einiges dran! Nach einem gemütlichen Grillabend braut sich über uns ein tropisches Unwetter zusammen – wir ahnen Schlimmes und denken an unsere Piste. Da wir weitere Regenfälle befürchten, entschliessen wir uns, die Gegend zügig zu verlassen, da die Piste sonst unpassierbar wird. So ist es dann auch fast – nur mit Mühe, unter Einsatz der Differenzialsperren und einigen Querstehern brauchen wir für den Rückweg 7 Stunden! Unsere Entscheidung ist richtig, denn weitere Regenfälle folgen.

22.11.2011
Unser nächstes Ziel ist Paraguay und speziell dort die Jesuitenreduktionen Trinidad und Jesús de Travarangue, die seit einigen Jahren zum Weltkulturerbe gehören. Es ist schon erstaunlich, was die Jesuiten im 15. und 16. Jhdt. gebaut haben, um die Indios vor den Spaniern zu schützen, zu bekehren und ihnen Ackerbau und Viehzucht zu vermitteln. Leider unterliessen sie es, die Indios zur Selbstständigkeit zu führen, so dass es nach der Vertreibung der Jesuiten nur knapp 100 Jahre dauerte, bis alles verfallen und verwaist war.

In Asunción, der Hauptstadt Paraguays, die wir bisher noch nicht kannten, übernachten wir im Botanischen Garten, dem gleichzeitig auch ein Zoo angeschlossen ist. Das Gelände ist riesig gross mit fantastischem Bewuchs in suptropischem Klima. Die nachts patrollierenden Wachposten, die mit Pumpguns ausgerüstet sind, beruhigen uns sehr, dienen aber hauptsächlich der Bewachung der Tiere. Wahrscheinlich gäbe es sonst am nächsten Tag gegrilltes Nandu irgendwo in der Stadt. Wir decken uns noch einmal mit Verpflegung ein, tanken Wasser und Diesel bis zum Anschlag voll, denn es geht in den Chaco.

Der Chaco liegt im Norden Paraguays an der Grenze zu Bolivien und ist eines der lebensfeindlichsten Gebiete, welches man sich vorstellen kann. Er wurde zu Teilen von Mennoniten urbar gemacht, die heute eine wichtige wirtschaftliche Macht im Land darstellen (Rinderzucht & Getreideanbau). Uns zieht es in den P.N. TTE Enciso, in dem wir vor vier Jahren schon einmal waren. Ein Teil der Strasse dorthin (ca. 100 km) war früher asfaltiert und ist heute in unregelmässigen Abständen mit riesigen Schlaglöchern übersäht. In einige würde ein Smart zur Hälfte hineinpassen! Es ist das Schlimmste für die Reifen, da die Schlaglöcher scharfkantige Asfaltränder haben. Daher begegnen wir auch nur 2 LKW’s, die mit 5 km/h dahinkriechen. Wir bewältigen die Strecke im 15 km/h Tempo nach dem Motto „weich einem aus, nimm zwei andere mit“ und sind abends völlig fertig.

Im NP „erholen“ wir uns bei 12% Luftfeuchtigkeit und 44 Grad im Schatten und unzähligen „unbekannten Flugobjekten“, die beissen, stechen und in alle Körperöffnungen wollen. Trotzdem ist es dort ganz schön und die Faszilitäten sind hervorragend. Abends umrunden uns Wildschweine und tagsüber schnattern die Papageien über unseren Köpfen. Eine kleine Überraschung am Rande: wir finden unseren vor vier Jahren dort vergessenen Grillrost wieder vor, entschliessen uns aber, ihn als „Spende“ entgültig dort zu lassen.

Nach längerem Überlegen entschliessen wir uns, eine Strecke nach Bolivien zu fahren, auf der wir vor vier Jahren gescheitert sind, weil es stark geregnet hatte. Jetzt ist die Strecke fast trocken und verläuft über ca. 150 km einspurige Tiefsandpiste bis an die bolivianische Grenze. Bei 51 Grad sind kaum Tiere zu sehen (wen wundert das) und es gibt zwei einsame Militärposten, die im Sandsturm die Stellung halten. Ansonsten ist die Gegend menschenleer, fahrerisch allerdings für jeden Offroader ein Highlight mit allen Schwierigkeitsgraden, die man sich nur so vorstellen kann!

Auf bolivianischer Seite werden unsere Personalien notiert, aber die Zollformalitäten sind erst im 200 km entfernten Camiri möglich, wird uns gesagt. Das stellt sich leider als falsch heraus – diesen Posten gibt es schon lange nicht mehr. Nun sind wir illegal im Land und müssen auf direktem Wege die 300 km nach Santa Cruz.

Dort hat die Immigration Sonntags geschlossen, also quartieren  wir uns in ein Hotel ein, um  gleich Montagmorgen mit 100 anderen „Einwanderern“ anzustehen – wir sind „begeistert“. Es wird schnell und professionell sondiert und wir landen am richtigen Schalter. Dem jungen Beamten müssen wir per Landkarte und Strassenkontrollstempeln unsere Situation erklären – 1 Stunde später haben wir den Stempel für die Personeneinreise.

Nun folgt das Prozedere fürs Auto. Gottseidank kennen wir uns in Santa Cruz aus und wissen, wo der Zoll sich versteckt – weit ausserhalb der Stadt in der Freihandelszone. Es ist Montagmorgen und die Empfangssekretärin schlecht gelaunt, so dass wir erst um 14 Uhr zur Zollchefin vorgelassen werden.

Der schrifliche Antrag in unserem „fliessenden“ Spanisch hat bestimmt für Heiterkeit gesorgt. Einmal vorgedrungen in die „heiligen Hallen“ treffen wir auf sehr nette kooperative Beamte, die diese Situation vor 1,5 Jahren schon einmal mit zwei französischen Toyotafahrern hatten (wie man sieht, ist „viel“ Verkehr auf dieser Strecke!). Die waren so schlau und haben Fotos vom Grenzmilitärposten als Beweismittel gemacht. Diese Fotos werden gleich an unseren Vorgang geheftet, unsere Landkarte mit der genauen Route vorsichtshalber kopiert und nach weiteren 1,5 Stunden halten wir unser ersehntes Zollpapier in der Hand. So gönnen wir uns als Belohnung für unseren Erfolg ein gutes Menü in einem der besten Grillrestaurants vor Ort. Jetzt kann unser Reise weitergehen!

24.12.2011
Wir wünschen allen, die unseren Bericht fleissig lesen, „Frohe Weihnachten, einen guten Rutsch und viel Gesundheit für 2012!!!

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Wie üblich verproviantieren wir uns noch einmal in der Grossstadt, bevor es wieder ins Grüne geht. Ausserdem rüsten wir unser deutsches Garmin Nüvi mit diversen Karten bzw. Stadtplänen Südamerikas auf, da auf unseren russischen Militärkarten im Tablet PC die Städte nur sehr rudimentär dargestellt werden. Wer einmal durch Lima oder La Paz gekreuzt ist, möchte diesen Komfort nicht mehr missen.

Samaipata ist unser nächstes Ziel – die Finca „La Vispera“ bei Peter ist ein sehr angenehmer und luxuriöser Standplatz – ausserdem verfügt er über den grössten Kräutergarten, den wir je gesehen haben. Nach einigen Tagen wollen wir Matthias & Marlene in Cochabamba besuchen, was sich als nicht so ganz einfach herausstellt, da die Hauptstrassen durch LKW’s und Busse blockiert werden, um gegen eine Sondersteuer zu protestieren.

Die Versorgung mit Diesel, ohnehin schon ein Problem in Bolivien, bricht fast ganz zusammen. Wir kaufen unterwegs aus 5 ltr. Kanistern Diesel – es reicht so gerade. U.a. hat die bolivianische Regierung seit August ein neues Gesetz erlassen, nach dem Autos mit nicht bolivianischen Kennzeichen den 3-fachen Dieselpreis bezahlen müssen oder überhaupt keinen Diesel bekommen. Wir haben den Eindruck, dass eines unserer Lieblingsreiseländer langsam in cubanische Verhältnisse abrutscht.

In Cochabamba verbringen wir einige schöne und lustige Tage, bevor wir auf direktem Wege nach La Paz fahren – geleitet durch das neue Navi – ein Traum! Da unser Visum nur für 30 Tage gilt und eine Verlängerung erst kurz vor Ablauf möglich ist (man muss dann natürlich auch an einem der wenigen Orte Boliviens sein, wo Migacion und Zoll vorhanden sind), beschliessen wir, in den verbleibenden 14 Tagen die längere Route durch das Amazonastiefland zu nehmen – eine Offroadstrecke über 750 km durch den Urwald.

Vorher meistern wir in haarsträubenden Situationen die gefährlichsten 60 km unseres bisherigen Lebens – von Coroico nach Caranavi (die noch nicht ausgebaute Verlängerung der berühmten „Camino de Muerte“). LKW’s, Busse & Sammeltaxis fahren, als wenn alle unter Drogen stehen (ist wohl auch der Fall). Es wird versucht, in puderartigem Staub und Null Sicht, auf den wenigen Stellen, an denen man Entgegenkommern ausweichen kann, zu überholen. Zu allem Überfluss wird auch noch links gefahren (damit die LKW- Fahrer dichter an die Abgrundkante manövrieren können) und daneben lauert der Canon mit seiner senkrechten Wand.

Es kommt, wie es kommen muss – auf einer Distanz von 25 km fallen kurz vor uns zwei Autos hunderte Meter in den Tiefe. Die Piste wird kurz gesperrt, es wird in den Dschungel hinuntergerufen, ob noch jemand lebt (natürlich nicht) und weiter geht die wilde Jagd. Es ist kein Rettungsfahrzeug etc. zu sehen – solche Begebenheiten scheinen wohl zum Alltag dieser Strecke zu gehören. Wir sind schockiert und atmen tief durch, als wir wieder zwei Fahrspuren und Rechtsverkehr zur Verfügung haben.

In Rurrenabaque versuchen wir noch einmal einen Vorstoss in puncto Visaverlängerung, leider vergeblich, da der zuständige Beamte gerade eine Woche auf Dienstreise ist. So sind wir gezwungen, nach 2 Tagen weiterzufahren. Die rote Lehmpiste durch den Dschungel über Santa Rosa, El Chorro nach Cubija ist aufregend! Wir müssen zwei Rios per Floss überqueren, schlafen in Dschungeldörfern und erreichen nach drei Tagen die Grenze nach Brasilien.

Ab dort ist bester Asfalt angesagt. Für die 110 km durch Brasilien und einer schnellen Grenzabwicklung brauchen wir drei Stunden, bis wir  Peru erreichen.  Puerto Maldonado erwartet uns mit strömendem Regen, wo wir uns in einer Lodge daher ein komfortables Zimmer nehmen. Puerto Maldonado ist in der Trockenzeit Ausgangspunkt für viele Tiersafaris. Aufgrund der Wetterlage  ist unser eigentlichen Ziel:  so schnell wie möglich auf der Transpacifico an die Küste Perus zu gelangen.

Auf der Panamericana entlang der Küste über Nasca und Lima (alles bekannte Strecken für uns) geht es zügig gen Norden, da wir schwimmen wollen und der Pazifik erst im Norden Perus warm genug für uns ist. Von Fischern versorgen wir uns mit frischen Shrimps, die wir abends über dem Lagerfeuer grillen.

Weihnachten verbringen wir in Punta Sal abseits der Touristenpfade und haben einen 20 km langen Sandstrand vor der Nase. Nun werdet Ihr Euch wundern, warum es nur einige wenige Bilder zu sehen gibt – wir haben den Dieben in Piura an einer Tankstelle eine 2- minütige Chance gegeben und die haben sie konsequent genutzt. Die Beifahrertür ist nicht verriegelt und in dem kurzen unbewachten Augenblick ist der Rucksack inklusive der Kamera und  i-Pod weg!! Leider auch alle gespeicherten (schönen) Fotos der letzten 4 Wochen. Jetzt muss die kleine Nikon wieder ‚ran – wir versuchen unser Bestes! Tja, wir kennen keinen Reisenden, der nicht irgendetwas eingebüsst hat in Südamerika. Vielleicht sind wir auch ein wenig nachlässig geworden und wurden auf eine teure Art und Weise wachgerüttelt.!

31.01.2012
Wir geniessen die ecuadorianischen Pazifikstrände (nach fast 8000 km Fahrstrecke), besuchen in Machalilla „unseren“ Lobsterhändler, den wir vom letzten Mal kennen – er ahnt sofort die Umsatzsteigerung! Ab jetzt gibt es auch selbstgemachte Mangomarmelade – wir sind das erste Mal seit 2 Monaten etwas „bodenständiger“ und nutzen dieses aus.

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Unser Ziel, Silvester bei Kati & Mustafa in Mompiche zu feiern, schaffen wir tatsächlich. In Manta werden noch schnell zwei Boogieboards gekauft, denn die Wellen in Mompiche sind zum Surfen einfach grandios! Es gibt im Norden von Ecuador die Tradition, mit grossen Pappmachépuppen, die am Auto oder Moped einige Tage spazierengefahren werden, das alte Jahr zu verabschieden. Sie werden Silvester im Lagerfeuer verbrannt, um symbolisch die „Altlasten“ abzuwerfen und das neue Jahr frisch zu beginnen. Wir fackeln nicht lange und schliessen uns dieser Tradition an – unsere Puppe kaufen wir bei Strassenhändlern für 15 USD – dass ist es uns wert. Wir sind für das neue Jahr gerüstet – Silvester sitzen wir mit den Nachbarn (sogar ein Minister ist dabei!) von Kati & Mustafa aus Quito an einem grossen Lagerfeuer zusammen und es wird ordentlich gefeiert.

Für uns beginnt jetzt „Neuland“ – die weitere Küste Ecuadors kennen wir noch nicht. Es wird sehr tropisch – in den Dörfern werden Bananen und Kokosnüsse angeboten. Mit wenigen fachgerechten Machetenhieben bekommen wir die eisgekühlte Kokosnuss mit Strohhalm direkt ins Auto gereicht und mittags gibt es das „Fleisch“ frisch als Snack. Die ersten Tage schmeckt es uns ja noch gut, doch sehr schnell haut uns keine Kokosnuss oder gar eine Bananenstaude mehr vom Hocker.

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Kartoffelernte

In Ibarra übernachten wir, um am Sonntag (wir haben uns gedacht, dass dann kein LKW Verkehr die Grenze blockiert) nach Kolumbien einzureisen. Was wir allerdings nicht bedacht haben, dass es der letzte Ferientag (nach Silvester & Karneval) für die Einheimischen ist und die Schlange vor der Migración um das ganze Gebäude bis auf die Strasse reicht. Es heisst, geduldig sein und nach fast 4 Std. haben wir unseren Ausreisestempel im Pass – man hat nette „Freundschaften“ geknüpft, Gespräche geführt und verabschiedet sich per Handschlag von den direkten Mitwartenden. Dann folgt die Ausreiseformalität für das Auto, die gerade mal 5 Minuten dauert, denn die wenigsten Reisenden sind mit dem eigenen Auto unterwegs.

Meerschweinchenstand am Strassenrand
Meerschweinchen vom Grill am Strassenrand

Kolumbien empfängt uns sehr freundlich und unbürokratisch. Die Einreise ist in 10 Minuten erledigt und wir treffen Fernando & Sohn David wieder, denen wir bereits in Ecuador begegnet sind. David ist 13 Jahre alt und lernt Englisch in der Schule. Sie laden uns in ihre eigene Pizzeria nach Ipiales ein und zeigen uns den Ort und einen guten Übernachtungsplatz an dem Wallfahrtsort „Las Lajas“. Dort steht eine wunderschön idyllisch gelegene Kirche (Neogotisch) – wie aus Zuckerguss wirkt sie fremd in dem kleinen Tal in die Felsen hineingebaut.

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Ab 6 Uhr morgens klappen die ersten Buden ihre Rollgitter hoch – wir ahnen Böses. Ab 7 Uhr morgens rollt eine Blechlawine heran, so dass wir 2 Stunden später von hunderten Autos umgeben sind. Es ist Feiertag und die Leute kommen von weither, um diesen Wallfahrtsort zu besuchen. Es finden jedes Jahr Pilgerwanderungen (ähnlich wie in Lourdes) statt und jeder versucht, sich mit extra angefertigten Tafeln an der Felswand zu verewigen.

Die Panamericana Richtung Norden ist zum Teil fast unpassierbar – die heftigen Regenfälle in letzter Zeit haben grosse Erdrutsche ausgelöst. Teilweise geht es einspurig über Stock & Stein – es bilden sich lange Schlangen und wir ziehen den Hut vor den Lkw-Fahrern, die eine wahre Meisterleistung vollbringen, die riesigen Trucks unbeschadet über diese Piste zu bringen.

Unser nächstes Ziel ist Popayan, eine Stadt, die bekannt ist für seine weissen Kolonialbauten. Wir campen in einem Freizeitpark am Rande der Stadt an einem Bambuswald. Endlich erstehen wir gute kolumbianische Strassenkarten (in einem Papierwarengeschäft) und eine dicke Broschüre des Tourismusministeriums. Der Slogan auf der Titelseite ist: „The only risk in Columbia is wanting to stay!“. Warten wir es ab.

Die Polizei steht an jeder Strassenecke in allen Städten des Landes, die Panamericana ist gesäumt von Militärposten – wenn das nicht hilft gegen FARC Rebellen, Guerillas und Paramilitärs! Kolumbien verfügt über 500.000 gut ausgebildete Soldaten, davon sind 400.000 nur damit beschäftigt, auf den Verkehrswegen für Sicherheit zu sorgen. Die Kolumbianer sind sehr optimistisch und froh, nach so vielen Jahrzehnten wieder Touristen im Land zu haben. 4 Regionen sind jedoch tabu beziehungsweise noch in Rebellenhand, so dass wir enttäuscht feststellen, die schöne Pazifikküste überhaupt nicht bereisen zu können.

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Unser nächstes Ziel ist die Ausgrabungsstätte und Weltkulturerbe „Tierradentro“ mit zwei angeschlossenen Museen . Es besteht aus über 100 unterirdischen Grabstellen, die zum Teil mit Höhlenmalereien ausgeschmückt sind und man hat dort auch einige Steinfiguren gefunden. Das Volk der Paez Indianer und deren Kultur wird beindruckend in den Museen dokumentiert. Die Nacht verbringen wir an der schönen alten Adobekirche in San Andrés de Pisimbalá und werden von den Einwohnern freundlich willkommen geheissen.

Während unserer 4-stündigen Wanderung durch die Berge, um zu den Gräbern etc. zu gelangen, treffen wir auf fünf junge mit Schnellfeuergewehren gut ausgerüstete Soldaten. Sie schliessen sich unserer Besichtigungstour an und wir befragen sie eingehend nach der Sicherheitslage in dieser Region. Sie beschreiben sie als „tranquillo“, was so viel bedeutet wie „entspannt, ruhig“. So beschliessen wir, die Route durch die Berge über Paez nach Silvia zu fahren. Diese Strecke führt u.a. zu dem touristisch ausgewiesenen P.N. „Nevada de Huila“.

Samstag mittag starten wir mit Vorfreude, endlich mal wieder Offroad fahren zu können und tatsächlich entpuppt sich die Strecke als wunderschön. Sie führt durch Urwald, Täler, Flüsse und grosse Schluchten. Am Nachmittag schauen wir uns nach einem geeigneten Übernachtungsplatz um und finden ihn an einem schönen Flusslauf, an dem auch mehrere bewohnte Häuser stehen. Wir befragen die Bewohnerin des nächstgelegenen Hauses, ob wir hier sicher übernachten können – sie lacht und sagt zum Spass“hier sind schon mal ein paar Guerillas, aber die nehmen nur junge Frauen mit.“

„Beruhigt“ bauen wir unser Nachtlager auf und werden noch mit Wasser und frischen Eiern versorgt. Das einzige, was uns etwas irritiert ist, dass die Frau permanent ihr Handy abhört, aber nicht mit der Gegenseite spricht. Bente schläft schlecht und träumt von Rebellen.

Manchmal werden ja Träume wahr, denn am Sonntagmorgen um 11 Uhr werden wir auf der einsamen Strecke von zwei jungen Burschen in schwarzen Fliegerjacken angehalten. Erst, als sie ihr Motorrad neben unserem Auto zum Stehen bringen, sehen wir, dass sie schwer bewaffnet sind. Durch ihr hektisches Gestikulieren schliessen wir auf einen Unfall hinter der nächsten Kurve. Auf unsere Frage, wer sie sind – Militär oder Polizei, antworten sie: „Wir sind die FARC“! Uns wird schlagartig klar, dass das böse enden kann. Wir wissen, dass die ersten 2 Minuten entscheidend sind – auf Hans‘ Bemerkung, das wir als normale Touristen sicherlich jetzt weiterfahren können, kommt ein schroffes „NO“.

Ein Dialog ist natürlich schwierig, wenn ein Schnellfeuergewehr auf einen gerichtet wird, aber in diesem Moment machen die Beiden den entscheidenden Fehler: sie sind sich uneinig, wie sie mit uns weiter verfahren sollen. In ihrer kurzen Diskussion (ca. 30 – 40 Sek.) senkt der eine seine Waffe und schaut dabei seinen Kumpel an. Genau diesen Moment nutzen wir, um mit einem rasanten Start und Vollgas hinter der ca. 50 mtr. entfernten Kurve zu verschwinden. Hans sieht noch im Rückspiegel, wie die Waffe hochgerissen wird, aber zu spät. Nun beginnt eine 40 km lange „Dakareinlage“.  Zu Zweit können sie uns auf dem Motorrad nicht verfolgen, so viel ist uns klar.  Aber wir müssen noch zwei Dörfer passieren, in denen wir  mit Komplizen rechnen. Dementsprechend heizen wir mit Vollgas durch die Dörfer und stellen erleichtert fest, dass das Handy hier wohl nicht funktioniert.

In Silvia, einem Wochenendausflugsziel der Einwohner aus Cali, atmen wir erst einmal tief durch und sind uns bewusst, dass wir gerade haarscharf an einer Katastrophe vorbeigefahren sind. Wir vermuten, dass das eigentümliche Telefonverhalten der Frau am Übernachtungsplatz die Informationquelle für die FARC-Rebellen war. Sie wirkten nicht besonders überrascht, als sie uns auf der menschenleeren Strecke auftauchen sahen. Solche Geschichten enden nach den Erfahrungen der Deutsche Botschaft und des Auswärtigen Amtes (die wir von diesem Vorfall in Kenntnis gesetzt haben) mit Geiselnahme und Lösegeldforderung. Unser Auto mitsamt Ausrüstung wären wir sowieso los gewesen.

Wir erreichen Cali am frühen Abend, nehmen uns ein sicheres Hotelzimmer und gehen erst einmal fürstlich Essen. Am nächsten Morgen schauen wir uns unsere Reifen an und stellen fest, dass sie auf der Flucht doch sehr gelitten haben. Nach einigem Suchen finden wir die passenden Reifen und erfahren von dem Reifenhändler, der fliessend Englisch spricht, dass der Ort Silvia schon seit 3 Jahren kein Ausflugsziel mehr für die Grossstädter ist, denn auch sie haben Angst vor Entführungen. Ihm selbst schuldet ein Zwischenhändler in Silvia viel Geld, aber er traut sich nicht, dorthin zu fahren und das Geld einzutreiben.

Die Rechtsabteilung der Deutschen Botschaft in Bogota rät uns, diesen Vorfall zu melden und wir begeben uns zum Hauptquartier des Militärs in Cali. Dort werden wir höflich abgewimmelt – man will diesen Vorfall nicht offiziell werden lassen, um die Statistik nicht zu verderben. Daraufhin bittet uns die Dt. Botschaft, nach Bogota zu kommen und diesen Vorfall offiziell anzuzeigen. Sie wollen uns zur Staatsanwaltschaft begleiten. Nach reiflichen Überlegungen verzichten wir darauf, diesen damit verbundenen riesigen Umweg zu fahren. Die Aktivitäten der FARC und der Paramilitärs ist grösser, als offiziell zugegeben wird, um den gerade aufkeimendenTourismus nicht zu gefährden. Wir haben jedenfalls eine Reisewarnung im Panamericana-Forum veröffentlicht, um andere Reisende zu informieren. Nicht jeder hat soviel Glück und „Kaltblütigkeit“ wie wir.

Dieser Vorfall beeinträchtigt natürlich unsere weitere Reiseaktivität in Kolumbien, so dass wir auf ähnliche Exkurse verzichten. Wir halten uns einige Tage in der sicheren Cafégegend auf – campen zwischen Bananen- und Caféplantagen (der kolumbianische Café ist wirklich exquisit), besichtigen schöne kleine Kolonialdörfer – hier ist alles ganz „tranquillo“! Wir umfahren die Grossstadt Medellin (ehemalige Hauptstadt der Drogenbosse) und besuchen dafür lieber die kleine Kolonialstadt Santa Fe de Antioquia. Danach streben wir zügig über die Panamericana unserem Ziel, der Karibikküste, entgegen.

Cartagena empfängt uns mit karibischem Wetter. Das Flair der kolonialen Altstadt ist einzigartig (u.a.Besuch des Goldmuseums) und wir geniessen die schöne Kneipen- und Cafészene.

 

Wir schlafen auf einem parkähnlichen bewachten Parkplatz in der Stadt mit Blick aufs Wasser und schräg gegenüber befindet sich das sehr gute bayrische Lokal „Leon de Baviera“. Wir lassen uns dort bei Weizenbier, bayr.ischen Spezilitäten von Wirt Stefan verwöhnen. Dabei lernen wir zwei Hamburger Geschäftsleute kennen, von denen wir mehr über das tägliche Leben in Cartagena erfahren. Zu unserer Freude werden wir sogar zu der Geburtstagsfeier des Einen eingeladen. Sie findet in dem grössten exzellent restaurierten Kolonialgebäude mitten in der Altstadt statt, in dem die Beiden auch wohnen. Aus unseren geplanten Kurzaufenthalt ist bereits 1 Woche geworden, da Bente im Nachbarfischerdorf  La Boquilla  einen Kitesurkurs belegt.

Nun ist unsere Entscheidung für die weitere  Reiseplanung gefallen. Die Verschiffung des Autos nach Veracruz/ Mexiko ist für Ende Februar avisiert. Bis dahin wollen wir uns den Nordosten Kolumbiens  ansehen – Santa Martha, Camarones und  Cabo de la Vela. Dieses Gebiet wird nach wie vor von Wayuu-Indianern bewohnt. Es ist eine einsame und noch sehr ursprüngliche Wüstengegend. Wir hoffen, dass die Indianer noch Blasrohre haben statt Schnellfeuergewehre, aber friedlich sollen sie sein! Unsere neuen Offroadreifen schreien nach Sand und Dünen!

19.03.2012
Wir folgen dem Küstenverlauf und besuchen den beliebten PN Tayrona mit seinen sehr schönen Stränden. Als das Wochenende naht, verdrücken wir uns ganz schnell Rtg. Norden, denn die Reisebusse mit einheimischen Jugendgruppen stehen schon in Schlange vor dem Eingang. Unser nächster Zwischenstopp ist Riohacha, wo wir unerwartet mitten in den Karnevalstrubel geraten. Da gibt es kein Entkommen – es wird bis morgens um 7 Uhr durchgefeiert, aber alle Leute und Familien sind sehr lustig und friedlich dabei. Auf einem mit hohen Mauern umgebenen Parkplatz können wir der ohrenbetäubenden Musik nicht entkommen, aber dank Oropax eingermassen schlafen.

Am nächsten Mittag erreichen wir endlich über eine schöne Sandpiste, die durch eine Kakteen- und Lagunenlandschaft mit vielen wunderschönen rosa Flamingos führt, einsame Strände. Wir sehen das erste Mal in unserem Leben einen leuchtend roten Ibis, die sonst immer weiss sind! Muss wohl eine Art „roter Albino“ gewesen sein. Wir kommen auch mal wieder dazu, für unser abendliches Grillen Mengen von Feuerholz zu sammeln! Wird auch mal wieder Zeit!

Wir wollen am nächsten Tag nach Cabo de la Vela, doch leider gibt es ein kleines Hindernis – keine Tankstelle hat Diesel. Nach einigem Suchen & Fragen finden wir auf einem Hinterhof eine konspirative „Tankstelle“ mit bestem Diesel aus Venezuela. Die Grenze liegt nur 80 km entfernt und der Diesel kostet dort 0.03 € pro Liter. Die Zahl ist KEIN Schreibfehler! Hoch lebe der Schmuggel – die Jungs verdienen 500% und für uns ist der Diesel immer noch billig..

Wir erreichen Cabo de la Vela über eine breite Schotterpiste und finden eine Indianersiedlung vor. Hier wird Ökotourismus gepredigt, der sich darin ausdrückt, dass die Gegend hinter den Bambushütten grossflächig zugemüllt ist. Die Grundversorgung (Verpflegung, Trinkwasser) wird nur mühsam und widerwillig aufrecht erhalten, Hauptsache, der Tourist lässt sein Geld dort. Uns tun die Backpacker leid, die darauf angewiesen sind.

Trotz allem ist die Gegend wunderschön – wir stehen direkt im Dorf am Strand und gönnen uns den Luxus, einmal am Tag mit unserem Süsswasser zu duschen. Nach einigen Tagen gehören wir sozusagen „dazu“. Wir halten in Meeresnähe natürlich immer sofort nach Fischern Ausschau und finden einen, der uns den frischesten Fisch und Shrimps per Fahrrad anliefert! Alle Einheimischen sind uns jetzt wohl gesonnen!

Bei einem unserer Ausflüge zum dortigen Leuchtfeuer verweigert der Motor urplötzlich seinen Dienst – es herrscht Totenstille bei ca. 40° und 7-8 Bft. Windstärken. Der Fehler ist schnell gefunden – die zwei Jahre alte Starterbatterie ist hin – offensichtlich konnte sie die Schüttelei auf den Pisten nicht vertragen. Wir haben zum Glück noch mehr Batterien unter der Haube und können so nach kleinen Umbauten zumindestens starten. Zwei Deutsche, die wir am Tag vorher kennengelernt haben und die schon lange in Kolumbien leben, organisieren uns über einen Fahrer am nächsten Tag eine neue Batterie aus Riohacha und tatsächlich: pünktlich um 1 Uhr trifft die neue Batterie ein.

Uns fällt die grosse Anzahl der Toyotas, genau unser Modell, in dieser Gegend auf. Wir finden heraus, dass es sich um in Venezuela gestohlene Autos handelt, die für ca. 5000 USD „verschleudert“ werden. Natürlich gibt es dabei einen Haken: sie werden nur auf der Halbinsel „la Guajira“ geduldet, da sie spezielle Nummernschilder bekommen und die Indianer einen Sonderstatus in diesem Gebiet besitzen. Das ist doch richtiger Protektionismus. Wer jetzt die Moral ins Spiel bringt, wird daran erinnert, dass auch der deutsche Staat in der Schweiz gestohlenen CD’s kauft!

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Wir lernen die beiden Rucksackreisenden Julia & Arne kennen und da sie nur kleines Gepäck mithaben, laden wir sie ein, mit uns zum nördlichsten Punkt des südamerikanischen Kontinents zu fahren, nach „Punta Gallinas“. Die Angaben der Einheimischen über die Fahrtzeit ist sehr widersprüchlich – zwischen 3 und 8 Stunden für ca. 80 km! Zu allem Überfluss hat es morgens für zwei Stunden heftig geregnet, so dass sich Teile der tollen Offroadstrecke in eine Schlammwüste verwandelten.

Da die Strecke zum Teil leicht unter dem Wasserpegel der umliegenden Lagunen liegt, wäre sie nach weiteren kurzen Regenfällen schnell unpassierbar. Wir brauchen gemütliche sechs Stunden und kommen zu den ersten vereinzelten Bambushütten der Wayuu Indianer. Pfiffige Kinder haben die Wege zum Teil mit Fahrradketten abgesperrt, um „Wegezoll“ zu kassieren (in Form von Lollies & Münzen) – ein mühseliges Unterfangen, da pro Woche vielleicht 2 Autos passieren. Wir hätten den Weg ohne unsere beiden Navi-Systeme nur schwierig gefunden. Koordinaten auf Anfrage!

Wir erreichen Punta Gallinas – eine wunderschöne Landschaft mit Dünen, die direkt ins Meer gehen und einsame Strände, soweit das Auge reicht. Touristen werden hier nicht mit dem Auto hertransportiert, da den Einheimischen selbst ihre gestohlenen Autos dafür zu schade sind. Es gibt eine Verbindung mit Fischerbooten, die aber für Touristen relativ teuer ist und je nach Stärke des Passatwindes sehr ruppig sein kann.

Wir treffen zu unserer grossen Überraschung auf wirklichen Ökotourismus in Form einer Hosteria, die verschiedene Schlafmöglichkeiten anbietet. Fast alles ist aus Lehm nach traditioneller Adobebauweise gebaut und die Indianerfamilie wird von Architekturstudenten beraten und unterstützt. Man arbeitet mit kleinen Solarpanelen, der Müll wird ordnungsgemäss getrennt und entsorgt und ein eigener Brunnen versorgt die „Hütte“. Eine kleine Oase mit Blick auf die Lagunen. Wir können leider nur wenige Tage dort bleiben, weil unser Verschiffungstermin in Cartagena näher rückt.

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Mit einem weinenden und lachenden Auge trennen wir uns von Kolumbien – mit Hilfe von Manfred, dem dortigen TO-Stützpunktleider und Agenten verschiffen wir das Auto. Es beginnt ein Papierkrieg unvorstellbaren Umfanges. Der kröhnende Abschluss ist die Untersuchung des Autos durch die Drogenpolizei, die das Auto bis in den Container begleitet und diesen dann mehrfach versiegelt. Während dieser 4-tägigen Prozedur dürfen wir bei dem Hamburger Dirk in seiner feudalen Altbauwohnung direkt an der Plaza Santo Domingo im Zentrum wohnen. Die Flüge sind gebucht – auf geht es nach Panama, wo wir einen 9 -tägigen Zwischenstopp einlegen!

 

Wir treffen unseren Motorradfreund Richard wieder und absolvieren das komplette Touristenprogramm. Vor allem die Altstadt von Panama, die mit Havanna (Kuba) verglichen werden kann und der Kanal sind sehr beeindruckend! Wir haben Glück und sehen an der Gatun Schleuse (Atlantikseite) eines der grössten Containerschiffe, die den Kanal befahren können (Kanalgebühren: 335.000,- USD!). Die letzten 4 Tage verbringen wir an der karibischen Atlantikseite von Panama in der Nähe von Portobelo in einem netten kleinen Tauchhotel. „Karibik pur!“

Unser Flug über Mexico City nach  Veracruz

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Mexico City aus der Luft

dauert fast vier Stunden – die Entfernungen sind doch grösser als erwartet. Dort angekommen stellen wir leider fest, dass das Schiff mit unserem Auto an Bord vier Tage Verspätung hat und erst Samstagnacht eintreffen wird. Da unglücklicherweise der darauffolgende Montag ein Feiertag ist, findet die Abfertigung im Hafen erst am Dienstag (morgen) statt. Selbst mit 65% Aufschlag auf die Abfertigungsgebühren ist der Zoll nicht dazu zu bewegen, den Container am Wochenende abzuwickeln.

Also heisst es für uns – Geduld bewahren. Glücklicherweise können wir mit Hilfe der freundlichen Angestellten der Reederei „Seaboard“ die Importformalitäten bereits gut vorbereiten. Wir bekommen eine 10-jährige „Aufenthaltserlaubnis“ für unser Auto hier in Mexiko! Glücklicherweise ist Veracruz eine lebendige Stadt mit viel Strassenmusik, Fiesta & Rambazamba!

20.03.2012
Unser Auto steht wahrhaftig neben uns in der Hotelgarage! Es war ein Tag, an dem alles drohte, schiefzugehen. Um 9 Uhr sitzen wir im Seaboard (Reederei) Büro und Gustavo ( ein äusserst hilfsbereiter Angestellter) ist mit unseren Papieren bereits beim Zoll – alles sieht ganz einfach aus. Natürlich fehlt wie immer irgendein Nachweis, aber gegen Mittag können wir in den Hafen zu unserem Container.

Vorher sind die Hafenlagerungs- und Abfertigungsgebühren zu entrichten. Die Büros befinden sich in einem brückenähnlichen Gebäude – in dem Moment, als wir die Geldscheine auf den Tresen legen, fängt die Brücke mächtig an zu schwanken. Wir denken erst an einen schweren LKW, der darunter durchfährt, aber nach Sekunden wird uns klar, dass dies ein Erdbeben ist. Wir raffen hastig die Scheine zusammen und die gesamte Belegschaft verlässt südamerikanisch lachend das Gebäude, obwohl an den Wänden die Feuerlöscher heftig hin und her schaukeln. Nach einer halben Stunde beschliesst der Facilitymanager, dass alle wieder an die Arbeit können. Die grossen Beleuchtungsmasten schwanken immer noch leicht.

Danach können wir an unseren Container und warten 4 Stunden bei ca. 40 Grad auf den Zoll, unter dessen Augen wir ihn nur persönlich öffnen dürfen. Leider stellen wir auf den ersten Blick fest, dass der Container unterwegs geöffnet worden ist und die Siegel der Drogenpolizei entfernt wurden bzw. beschädigt sind. Wir stehen unter Hochspannung: ist das Auto aufgebrochen? Sind Drogen o.a. zusätzlich im Container?

Daraus resultiert das nächstes Problem: alle Abfertigungspapiere stimmen nicht mehr, da die Siegelnummer nun falsch ist … Es scheint der besagte Wurm drin zu stecken. Endlich erscheint der Zoll und das Seaboardpersonal  mit hastig aktualisierten neuen Papieren! Was für ein Stress für alle Beteilgten!

Grosses Aufatmen, als alles unbeschädigt vorgefunden wird. Wahrscheinlich hat der Zoll in Miami ohne Inkenntnissetzen der Reederei  den Container geöffnet und auf Drogen untersucht (Abfahrtsort Cartagena/ Kolumbien – ein Makel!!). Jetzt steht uns eine grosse „Inspektion“  inklusive Drogenhund bevor! Wir kennen das Spiel ja bereits aus Cartagena. Keine Drogen…uff, aber 14 Flaschen Wein im Auto.

Eine Stunde später müssen wir zu einer zweiten Inspektion, die drei Stunden auf sich warten lässt! Unser Gustavo erklärt dem Inspektor nun bestimmt, dass Reisende in einem Wohnmobil nun mal Vorräte halten und wir die Flaschen vorher deklariert haben. So erkärt  der  Zollchef persönlich die Freigabe des Fahrzeuges. Man entschuldigt sich tausendmal für die Verzögerung und wir stellen fest, dass sie hier in Veracruz total unerfahren und überfordert sind, solch für sie aussergewöhnliches Cargo abzuwickeln. Wenn einer eine Verschiffung tut, dann kann er was erleben!

Heute haben wir unser Auto vorbereitet und ihm noch zwei neue Optima Servicebatterien spendiert. Morgen früh nach einem umfassenden Einkauf bei Walmart geht es endlich wieder los!! Unser Ziel wird die Yucatan Halbinsel sein, wo wir das Auto im April für 6 Monate unterstellen wollen. Gleich geht es zum letzten Mal auf den Zokalo (Plaza), zu Musik, Zigarre & einem Bier Abschied von Veracruz zu nehmen – man grüsst uns bereits wie Einheimische. Eigentlich war es ein netter Einstand für Mexiko.

April 2012
Wir besuchen auf dem Weg die bekannten Mayastätte Palenque und Calakmul, imposante Zeitzeugen der Aztekenkultur. Palenque, im Hochland von Chiapas gelegen, ist seit 1987 Unesco- Weltkulturerbe. Das dort lebende Volk der Lacandonen (in weisse Gewänder gekleidet) betrachten sich heute als direkte Nachfahren der Ureinwohner Palenques. Die Anlage mit dem zentral gelegenen Palast ist beeindruckend und vorbildlich restauriert, obwohl erst ca. 5 % davon freigelegt wurde – der Rest ist noch vom Dschungel überwuchert. Der bedeutenste Herrscher war König „Pakal der Grosse“, dem viele Fresken und Darstellungen gewidmet sind.

Die Anfahrt nach Calakmul ist dagegen etwas mühsamer – ein 60 km langer Weg führt in den Dschungel unweit der Grenze zu Guatemala. Es ist eine der grössten je entdeckten Mayastätte und erstreckt sich über 30 qkm! Wir erwandern in brütender Hitze den kleinen bereits restaurierten Teil davon – es sollen hier mehr als 50.000 Personen gelebt haben. Das ist erst der spannende Anfang unserer Entdeckungsreise auf den Spuren der Mayakultur.

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Brüllaffe auf dem Campingplatz

Um dem mexikanischen Ostertrubel zu entkommen (traditionell fahren alle Mexikaner zum Feiern an die Beach!), entdecken wir den kleinen Campingplatz „Laguna Azul“, der von dem deutschstämmigen Carlos und seiner Ehefrau Kristina geführt wird – sie kocht und backt hervorragend und erst die guten Mojitos dazu!! Zu unserer grossen Freude entdecken wir, dass Carlos einen Hobie 16 Catamaran besitzt, der leicht reparaturbedürftig ist. Bente näht auf einer Haushaltsnähmaschine der kanadischen Nachbarin das gerissene Grosssegel und Hans tuned derweil ein bisschen die Technik. Dafür dürfen wir jederzeit damit segeln. Ein Traum – auf der 45 km langen leuchtend blauen Süsswasserlagune Bacalar!

Dort lernen wir auch die Deutschen Claudia & Uwe kennen und zusammen verbringen wir viele lustige Tage mit Grillen, Hobie-Segeln und Erfahrungsaustausch. Durch einen Zufall taucht auch Martin auf, mit dem wir bereits e-mail Kontakt hatten. Er lebt mit seiner Familie in Cancun und ist Reisenden behilflich mit seinem Organisationstalent und Beziehungen vor Ort. Das Problem, ein Auto in Cancun unterzustellen, wird durch die Tatsache erschwert, dass die Halbinsel Yucatan mitten im Hurrikangebiet liegt. Die entsprechende Garage – gemauert auf abschüssigem Gelände, mit fest verankertem Dach und Stahltoren versehen vermittelt uns Martin bei einem Freund. Diese Kriterien für eine Garage sind sehr wichtig, da Hurrikans Windgeschwindigkeiten bis zu 300 km/h entwickeln können und unglaubliche Wassermengen vom Himmel kommen (siehe abschüssiges Gelände).

Wir präparieren unser Auto wie üblich: Grundreinigung, neue Öle, Abschmieren, Polieren und ein paar Streicheleinheiten. So wird es aufgebockt und wir verlassen es in der Hoffnung, es im November wohlbehalten wiederzusehen.

Nach vorerst 6 Wochen in Mexico stellen wir fest, dass uns das Land und die Leute sehr zusagen. So planen wir unseren nächsten Törn in Mexico zu verbringen – vor allem reizt uns als „Offroader“ natürlich die fast 2000km lange Baja California!